19.5 Wechselspannung an Spule

Schaltung:

Anstelle einer Gleichspannung soll nun eine Wechselspannung

u =  ˆusin(ωt + φu )
(19.5.1)

an eine Spule entsprechend Abb. 19.5.1 geschaltet werden.


PIC

Abbildung 19.5.1: Geschaltete Wechselspannung an ein Netzwerk mit Spule

Gesucht:

Strom iL(t) durch die Spule.

FRAGE:

Was könnte sich im Vergleich zum Gleichstromfall ändern?

ANTWORTEN:

 

1. DGL:

In der Maschengleichung

uR1 + uL + uRL −  u = 0
(19.5.2)

werden zuerst die Bauelementgleichungen eingesetzt

         diL
R1i1 + L ----+ RLiL  = u
          dt
(19.5.3)

Aus der Knotengleichung

i1 − iL − i2 = 0
(19.5.4)

wird der Strom i1

i1 = iL + i2
(19.5.5)

ersetzt und dabei der Strom i2 in der Parallelschaltung mit dem ohmschen Gesetz bestimmt

     uR2-   uL-+-uRL-   L-diLdt-+-RLiL--
i2 = R   =     R      =      R
       2         2             2
(19.5.6)

Zusammen mit der Wechselspannung ergibt sich

   (     R        L di  )            di
R1  iL + --LiL + -----L-  +RLiL  + L --L-= ˆu sin (ωt +  φu)
   ◟-----R2--◝◜--R2--dt-◞            dt
             i1
(19.5.7)

und zusammengefasst

(                 )         (        )
       R1-                    R1-      diL-
 R1 +  R2 RL + RL   ⋅iL + L ⋅  R2 +  1  ⋅dt =  ˆusin(ωt + φu )
◟--------◝◜--------◞     ◟-----◝◜----◞
        Resb                  Lesb
(19.5.8)

ESB:

Mit dem Ersatzwiderstand Resb und der Ersatzinduktivität Lesb vereinfacht sich die DGL zu4

                diL-
Resb ⋅ iL + Lesb ⋅ dt = ˆusin(ωt + φu )
(19.5.9)

FRAGE:

Wie sieht die DGL aus, wenn nur eine Spule ohne die Widerstände R1 und R2 an die Wechselspannung geschaltet wird?

ANTWORT:

 

2. Netzwerkber.:

Die Berechnung des eingeschwungenen Zustandes erfolgt mit der Symbolischen Methode im Bildbereich (Komplexe Rechnung). Mit der Stromteilerregel

ILe-=  ---Z2-----=  ------R2--------
I1e    Z2 + ZRL     R2 + jωL  + RL
(19.5.10)

und dem eingeschwungenen Gesamtstrom

              U-                U-
I1e  =  ------Z2⋅ZRL- = ------(R2)⋅(jωL+RL-)-
        Z1  + Z2+ZRL    R1 +  (R2)+(jωL+RL )
                 U-(R  + jωL  + R  )
     =  --------------2-----------L----------         (19.5.11)
        R1 (R2 + jωL  + RL ) + R2(jωL  + RL )
ergibt sich der eingeschwungene Strom zu
                         U-R2                  1 ∕R2
ILe  =   -------------------------------------⋅-----
         R1 (R2 + jωL  + RL ) + R2 (jωL + RL ) 1 ∕R2
         (---------------U-)-------(------)-
     =    R  +  R1R   + R   +  jωL  R1-+ 1
            1   R2  L    L          R2
         ------U-------
     =   Resb + jωLesb                                    (19.5.12)
Weg:

Was haben wir gerade gerechnet?

Wir haben in der Originalschaltung etwas aufwendig gerechnet und dann am Ende in das Ergebns den Ersatzwiderstand Resb und die Ersatzinduktivität Lesb eingesetzt.

Einfacher:

Wenn wir den Sinn der Ersatzschaltung verstanden haben, können wir aber auch gleich in der Ersatzsschaltung

eine Maschengleichung einfacher direkt mit mit den Ersatzkomponenten aufstellen

und erhalten damit etwas einfacher direkt den eingeschwungene Strom zu

               U-              U-
ILe  =   --------------= --------------            (19.5.13)
         ZResb + ZLesb   Resb + jωLesb
Zurück:

Die Rücktransformation der komplexen Zeitfunktion

          ˆuej(ωt+ φu)
iLe  =   R----+-jωL----
          esb       esb
        --ˆuej(ωt+-φu)--   -ˆu-- j(ωt+φu−φ)
    =   Resb + jωLesb =  Zesbe                     (19.5.14)
mit der Amplitude
ˆiLe = --ˆu- =  ∘------ˆu---------
      Zesb      R2esb + (ωLesb)2

und dem Anfangsphasenwinkel

                            ωLesb-
φie = φu − φ = φu −  arctan Resb

liefert den eingeschwungenen Strom

      -ˆu--
iLe = Z   sin(ωt + φu − φ ) = ˆiLe sin(ωt + φie)
       esb
(19.5.15)

3. Hom. DGL:

Die Lösung der homogenen DGL5

Resb ⋅ iL + Lesb ⋅ diL-= 0
                dt
(19.5.16)

wird mit dem Exponentialansatz zu

iLf = K  ⋅ e−t∕τ

Eingesetzt in die DGL

         [           ]
K  ⋅ e−t∕τ Resb − Lesb = 0
                  τ

ergibt sich die Zeitkonstante

    Lesb        L
τ = R--- =  R1⋅R2-------
      esb    R1+R2 + RL
(19.5.17)

u = 0 in der homogenen DGL führt dazu, dass die Widerstände R1 und R2 parallel liegen und in Reihe zu RL den Gesamtwiderstand der Zeitkonstanten bestimmen.

AUFGABE:

Führen Sie ausgehend von den Gleichungen für Lesb und Resb die Umformung der Gleichung für τ durch6!

ERGEBNIS:

 

4. Konstanten:

Für die Anfangsbedingung

iL(0− ) = iL(0+) = iLe(0+) + iLf(0+)
(19.5.18)

erhalten wir aus Gln. 19.5.15 mit

0 = ˆiLe sin φie + K

die Konstante zu

       ˆ
K  = − iLe sinφie
(19.5.19)

und damit die Lösung der homogenen DGL zu

                   − t∕τ
iLf = −ˆiLe sin φie ⋅ e
(19.5.20)

5. Überlagerung:

Die Überlagerung der beiden Lösungen ergibt den Ausgleichsvorgang

                   [                            ]
iL = iLe + iLf = ˆiLe sin(ωt + φie) − sinφie ⋅ e−t∕τ
(19.5.21)

6. Berechnung:

Die normierte Darstellung des Stromverlaufs beim Einschalten einer Wechselspannung an eine Spule in Abb. 19.5.2 zeigt die Addition des flüchtigen Stroms, der den eingeschwungenen Strom für t = t0 zu Null kompensiert.


PIC

Abbildung 19.5.2: Stromverlauf beim Einschalten einer Wechselspannung an eine Spule

FRAGE:

Wann muss geschaltet werden, damit der Ausgleichsstrom sofort gleich dem eingeschwungenen Strom wird?

ANTWORT:

 


PIC

Abbildung 19.5.3: Minimaler Stromverlauf beim Einschalten einer Wechselspannung an eine Spule

FRAGE:

Wie groß kann der Ausgleichsstrom maximal unter welchen Bedingungen werden?

ANTWORT:

 


PIC

Abbildung 19.5.4: Maximaler Stromverlauf beim Einschalten einer Wechselspannung an eine Spule

4Sie entspricht damit der Gln. 19.3.2

5Auch bei einer Wechselspannung ist die Störfunktion Null bei der homogenen DGL.

6Das Ergebnis ist der Weg des Stromes bei kurzgeschlossener Spannungsquelle!