19.3 Exponentialansatz

Beispiel:

Ein Schalter verbindet eine reale Spule mit einer realen Gleichspannungsquelle, wie in Abb. 19.3.1 zu sehen ist.


PIC

t < 0:

I = 0

t = 0:

Schaltvorgang

i = f(t) = Ie+?

t 0:

Ie = --U0--
RL+Ri


Abbildung 19.3.1: Beispiel eines Schaltvorganges

2. Netzwerkber.:

Für die Spule aus Abb. 19.3.1 ergibt sich aus der Maschenregel für die Augenblickswerte der Spannungen

uRL +  uRi + uL = U0
(19.3.1)

mit den bekannten Bauelementegleichungen die DGL mit konstanten Koeffizienten

               di
(RL +  Ri)i + L-- =  U0
◟---◝◜---◞     dt
    Rg
(19.3.2)

Lösung:

Da es sich um ein Gleichstromnetz handelt, wird direkt

di
-- =  0
dt
(19.3.3)

und somit der eingeschwungene Strom zu

i = U0-
e   Rg
(19.3.4)

Mathematik:

Die Zerlegung des Ausgleichsvorgangs entspricht der Lösung der inhomogenen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten

Speziell:

Bei homogener DGL ist die Störfunktion (Spannungsquelle U0) Null, so dass nur ein Übergangsvorgang existiert.

19.3.1 Homogene DGL

1. DGL:

Die DGL für den Übergangsvorgang bekommt man wie beim eingeschwungenen Zustand aus der Netzwerkanalyse im Zeitbereich. Für den Ausgleichsvorgang nach dem Einschalten einer Gleichspannung an eine Spule entsprechend Abb. 19.3.1 ergibt sich die DGL in Gln. 19.3.2. Setzt man den Ausgleichsstrom aus zwei Anteilen i = ie + if in die DGL ein, so erhält man

R  (i + i ) + L d(ie-+-if)=  U
  g  e   f         dt        0
(19.3.5)

Stationär:

Dieselbe DGL ergibt sich natürlich auch für den eingeschwungenen Zustand, im Prinzip für t →∞, wenn also der flüchtige Strom zu Null geworden ist

         di
Rgie + L -e-=  U0
         dt
(19.3.6)

Flüchtig:

Durch Subtraktion dieser DGL entsprechend der Summenregel der Differentialrechnung erhält man für den Übergangsvorgang die homogene DGL zu

         di
Rgif + L --f = 0
          dt
(19.3.7)

Formal:

Wird in der DGL für den Ausgleichsvorgang die Störfunktion Null gesetzt, so erhält man die homogene DGL des Übergangsvorgangs dadurch, dass der Index f ergänzt wird.

Lösung:

Mit Hilfe der Mathematik sind folgende Lösungsmethoden für homogene DGLs mit konstanten Koeffizienten möglich:

  1. Bei DGLs erster Ordnung kann die Trennung der Variablen verwendet werden, die aber gegenüber der 2. Methode keine Vorteile hat Ergebnis e-Funktion.
  2. Lösung durch den eλt-Ansatz für DGLs beliebiger Ordnung.
3. Hom. DGL:

Die DGL der Spule war 1. Ordnung, daher wählt man den Ansatz

if = Ke  λt
(19.3.8)

Nach der Differentiation ergibt sich

dif        λt
 dt =  K λe
(19.3.9)

DGL:

In die homogene DGL eingesetzt wird daraus

      λt         λt
RgKe    +  λLKe    = 0
(19.3.10)

Umsortieren ergibt

Ke λt(Rg + λL ) = 0
(19.3.11)

K = 0 ergibt keinen flüchtigen Strom, eλt kann nicht Null werden, also muss

Rg +  λL = 0
(19.3.12)

sein und damit wird

      R
λ = − --g
       L
(19.3.13)

Lösung:

Damit lautet die allgemeine Lösung der homogenen DGL

if = Ke  −t∕τ
(19.3.14)

mit der Zeitkonstanten τ, der charakteristischen Größe des Ausgleichsvorganges

τ =  − 1-= -L-
       λ   Rg
(19.3.15)

19.3.2 Inhomogene DGL

Konstanten:

Die Bestimmung der Konstanten entsprechend der Ordnung der DGL erfolgt aufgrund der stetigen Anfangsbedingungen der Zustandsgrößen

i(0 ) = i(0 ) = i (0 ) + i(0  )
   −       +     e  +    f  +
(19.3.16)

Mathematik:

Mathematisch sind der linksseitige Grenzwert und der rechtsseitige zum Zeitpunkt t = 0 identisch. Sprungartige Änderungen der Zustandsgrößen sind elektrotechnisch nicht möglich, weil

sich nur stetig ändern können.

4. Konstanten:

Für die Spule ist die Anfangsbedingung entsprechend

i(0 − ) =  ie(0+) + if(0+)
           U0-     − 0∕τ
    0  =   Rg + Ke                          (19.3.17)
Mit e0 = 1 ergibt sich die Konstante zu
K  =  − U0-
        Rg
(19.3.18)

Die Lösung der homogenen DGL (allgemeine Lösung) ist damit bestimmt

       U0- −t∕τ
if = − R  e
         g
(19.3.19)

5. Überlagerung:

Der Ausgleichsvorgang ist die Überlagerung der partikulären Lösung ie aus Gln. 19.3.4 und der allgemeinen Lösung if

     U0   U0         U0
i = --- − ---e−t∕τ = ---(1 − e−t∕τ)
    Rg    Rg         Rg
(19.3.20)

6. Berechnung:

Der graphische Verlauf in Abb. 19.3.2 mit der normierten Zeitkonstanten τ = L∕Rg = 1s und der normierten Amplitude U0∕Rg = 1A zeigt den Einfluss der Stromteile i = ie + if.


PIC

Abbildung 19.3.2: Stromverlauf in einer Spule beim Einschalten einer Gleichspannung

19.3.3 Ausgleichsvorgang

6. Berechnung:

Mit der Zustandsgröße können weitere Berechnungen erfolgen

BERECHNUNG:

 

Grafik:

Die graphische Darstellung zeigt den normierten Leistungsverlauf in einer Spule beim Einschalten einer Gleichspannung mit p0 = U02(R L + Ri) = 1W


PIC


Abbildung 19.3.3: Leistungsverlauf in einer Spule beim Einschalten einer Gleichspannung

Verfahren:

Zur Berechnung des Ausgleichsvorganges nach einem Schaltvorgang in elektrischen Netzen mit Gleich- oder Wechselspannungserregung kann folgender Maßen verfahren werden:

  1. Aufstellen der Differentialgleichung ab t = t0 für die Zustandsgröße
  2. Gleichstrom- oder Wechselstromberechnung zur Bestimmung des eingeschwungenen Zustandes für t →∞
  3. Berechnen des Übergangsvorganges mit dem Exponentialansatz zur Lösung der homogenen DGL
  4. Bestimmung der Konstanten aus den Anfangsbedingungen und Einsetzen in die allgemeine Lösung
  5. Überlagerung des Übergangsvorganges mit dem eingeschwungenen Zustand zum Ausgleichsvorgang
  6. Weitere Berechnungen und graphische Darstellung der Zeitverläufe

Die Zahlen im vorigen Abschnitt entsprechen diesen Punkten!