19.4 Übertragungsfunktion

Netzwerk:

Wie sieht der zeitliche Verlauf der Spannung u2 des Netzwerkes in Abb. 19.4.1 mit dem Kondensator als Energiespeicher aus, wenn die Eingangsspannung geschaltet wird?


PIC

Abbildung 19.4.1: Geschaltete Gleichspannung an einem 4-Pol oder 2-Tor

Die Antwort ist die Sprungantwort oder Übertragungsfunktion des Netzwerkes.

Lösung:

Zur Beantwortung der Frage muss zuerst die Spannung am Kondensator nach dem Schließen des Schalters bestimmt werden, da sich die Spannung einfach als u2 = R2 iC berechnen lässt.

Mit dem 6-Punkte-Verfahren des Exponentialansatzes ergibt sich

1. DGL:

Aus der Maschengleichung

uR +  uC + u2 = U0
(19.4.1)

wird mit dem Ohmschen Gesetz für die Widerstände

(R1 +  R2) ⋅i + uC = U0
◟---◝◜---◞
    Rg
(19.4.2)

Mit der Bauelementegleichung des Kondensators

      du
i = C ---C
       dt
(19.4.3)

ergibt sich die Differentialgleichung zu

      duC-
Rg ⋅ C dt  + uC =  U0
(19.4.4)

2. Netzwerkber.:

Der stationäre Zustand ergibt sich trivial zu

uCe = U0
(19.4.5)

3. Hom. DGL:

Die Lösung der homogenen DGL

R  ⋅ C duCf-+ u   = 0
 g     dt      Cf
(19.4.6)

wird mit dem Exponentialansatz zu

           −t∕τ     duCf      K    − t∕τ
uCf = K  ⋅ e     ,  ----- = − ---⋅ e
                      dt       τ

Eingesetzt in die DGL

         [          ]
K ⋅ e− t∕τ 1 − Rg-⋅ C- = 0
                τ

ergibt sich die Zeitkonstante

τ = Rg  ⋅ C
(19.4.7)

4. Konstanten:

Für die Anfangsbedingung

uC (0− ) = uC (0+) = uCe (0+ ) + uCf(0+)
(19.4.8)

erhalten wir mit

0 = U0 + K

die Konstante zu

K =  − U0
(19.4.9)

und damit die Lösung der homogenen DGL zu

             − t∕τ
uCf = − U0 ⋅ e
(19.4.10)

5. Überlagerung:

Die Überlagerung der beiden Lösungen ergibt den Ausgleichsvorgang

                             −t∕τ
uC =  uCe + uCf =  U0 − U0 ⋅ e

und damit die benötigte Spannung am Kondensator

                −t∕τ
uC  = U0 ⋅ (1 − e   )
(19.4.11)

6. Berechnung:

Berechnung der gesuchten Spannung

u2 = R2  ⋅ i
(19.4.12)

Mit dem Strom durch den Kondensator

       duC    CU0           CU0
i = C ⋅---- = -----⋅ e− t∕τ =-----⋅ e−t∕τ
        dt      τ           RgC
(19.4.13)

wird daraus die Sprungantwort des Netzwerkes

u2 = R2- ⋅ U0 ⋅ e−t∕τ
     Rg
(19.4.14)

Bedeutung:

Das Übertragungsverhalten von Reglern wird oft mit einer Sprungfunktion getestet. Die Ausgangszeitfunktion

y(t) = f(x ⋅ σ(t))
(19.4.15)

eines Übertragungsgliedes bei sprungförmiger Eingangszeitfunktion ist die Übertragungsfunktion oder Sprungantwort.

6. Berechnung:

Die normierte Grafik der Sprungantwort in Abb. 19.4.2 ergibt sich für U0 = 1V und R2∕Rg = 0,8


PIC

Abbildung 19.4.2: Sprungantwort oder Übertragungsfunktion eines einfachen Netzwerkes