2.2 Stromkreis

Bild:

Ein einfacher geschlossener Stromkreis, wie in Abb. 2.2.1 dargestellt, enthält eine Quelle (Spannung Uq oder Strom Iq), im allgemeinen widerstandslose Verbindungsleitungen und einen Verbraucher (z.B. Widerstand R).


PIC

Abbildung 2.2.1: Einfache Stromkreise mit Spannungs- und Stromquellen

Aufgabe:

Die Aufgabe in der Gleichspannungstechnik beruht nun im wesentlichen darauf, bei diesen einfachen Kreisen aus den bekannten Quellengrößen und dem Bauelementewert den im Kreis fließenden unbekannten Strom I zu berechnen!

Es entsteht ein elektrotechnisches Gleichungssystem, das mit mathematischen Methoden gelöst werden kann!

2.2.1 Ohmsches Gesetz

Aufgabe:

Die Berechnung von Strömen in einem Stromkreis kann nur erfolgen, wenn es einen Zusammenhang von Strom und Spannung an den Bauelementen gibt

UBauelement = f(IBauelement)

Messen:

Das Verhältnis der Spannung zwischen den Enden eines Leiters und dem Strom im Leiter wird als Widerstand definiert. Man findet experimentell (also durch Messen von Spannung und Strom an einem Leiter) den linearen Zusammenhang6

UW iderstand ∼ IW iderstand

Dieser elementare Zusammenhang ist so wichtig, dass er als Ohmsches Gesetzt bezeichnet wird:

U = RI
(2.2.1)

Es ist das zentrale Gesetz in der Elektrotechnik und Elektrotechnik betreiben heißt, das Ohmsche Gesetz anwenden!

Widerstand:

Aus der Spannung am Widerstand und dem Strom durch den Widerstand kann demnach der Widerstandswert bestimmt werden

     U
R =  --
     I
(2.2.2)

mit der Einheit Ohm7

[R ] = [U]-= V- = Ω
      [I]   A
(2.2.3)

Je größer der Widerstandswert ist, desto weniger Strom kann bei gleicher Spannung durch den Widerstand fließen8!

Leitwert:

Der Reziprokwert des Widerstandes, der Leitwert

      1    I
G  = -- = --
     R    U
(2.2.4)

ist ein Maß dafür, wie einfach der Strom durch einen Widerstand fließen kann. Seine Einheit ist Siemens9

       [I]-  A-   -1
[G ] = [U ] = V  = Ω  = S
(2.2.5)

Beispiel 2.2.1
(Ohmsches Gesetz)

Eine Spannungsquelle mit U = 6 V wird nacheinander an die Widerstände R = n 10 Ω, n = 16 angeschaltet.

  1. Welche Ströme ergeben sich?
  2. Stellen Sie das Ergebnis graphisch dar!

Lösung:

Die Lösung wird in der Vorlesung erarbeitet. Ergebnisse für den Vergleich der eigenen Lösung sind:

              (   )
I(R) = U- = f   1-
       R        R

2.2.2 Elektrischer Widerstand

Frage:

Was ist ein Widerstand?

Antwort:

Nach dem Ohmschen Gesetz ein Hindernis für den Strom! Wie Widerstände in der Praxis aussehen können ist in Abb. 2.2.2 zu sehen.


PIC

PIC

Abbildung 2.2.2: Verschiedene Widerstandsformen

Vereinfachend wird angenommen, dass die Drahtverbindungen zwischen Bauelementen (z.B. die Anschlussdrähte) widerstandslos sind.

Messen:

Experimentell kann man an einem metallischen Draht (also einem Drahtwiderstand) folgendes messen:

Meistens sind die niederohmigen Widerstände wegen der größeren Strombelastung baulich größer als die hochohmigen.

Formel:

Aus der Messung findet man den Zusammenhang für einen Draht der Länge l mit dem Querschnitt A

     ϱl   -l-
R =  A =  κA
(2.2.6)

mit der elektrischen Leitfähigkeit κ und dem spezifischen Widerstand ϱ = 1∕κ .

Temperatur:

Die zusätzliche Temperaturabhängigkeit des Widerstandes wird durch einen Temperaturbeiwert modelliert (siehe Tab. 2.1 mit den charakteristische Kenngrößen einiger Metalle) (Frohne u. a., 2005, S. 536)


Werkstoff κ20 in α20 in β20 in
Einheit S m/mm2 10-3/K 10-6/K2




Aluminium 33  36 4.2  5.0 1,3
Gold 45 4,0 0,5
Kupfer 55  57 3,9  4,3 0,6
Silber 60  62 3,8 0,7
Wolfram 18,2 4,1 1





Tabelle 2.1: Kenngrößen von verschiedenen Metallen

κ bzw. ϱ werden für T20 = 20 C spezifiziert und mit dem linearen Temperaturbeiwert α20 und dem quadratischen β20 versehen. Der Widerstand bei der Temperatur T, also einer Differenz ΔT = T T20, berechnet sich dann zu

        (                                      )
R =  R20 1 + α20ΔT  +  β20(ΔT )2) + γ20(ΔT )3...
(2.2.7)

Fläche:

Der Flächenwiderstand Rs ist eine besonders für Halbleiterschaltungen wichtige Widerstandsangabe, mit der der Widerstand eines Quadrates (Länge l = b, Breite) konstanter Schichtdicke d bezeichnet wird. Der Widerstand senkrecht zur Stirnfläche A = d b wird damit zu

     ϱl   ϱ l      l
R  = -- = --- = RS - =  RS   für l = b
     A    d b      b
(2.2.8)

Die Einheit des Schichtwiderstandes ist Ohm, trotzdem wird sie häufig als Ohm/Square (Ω) angegeben.10

Norm:

Die realisierten Zahlenwerte von Widerständen sind in den IEC-Reihen11 (E6, E12, E24, E48, E96) genormt. Beim E-Wert

          m∕n
Enm  = 10
(2.2.9)

gibt n = 6, 12, die Anzahl der Widerstände m = 0, 1,, (n 1) an, die im Zahlenbereich 110 untergebracht werden können12.

Neben den Zahlenwerten und Toleranzen ist auch der Farbcode normiert, mit dem die Widerstandswerte auf den Widerstand gemalt werden. Dieser Farbcode enthält nach den 2 oder 3 Ringen für die Ziffern einen Ring als Multiplikator und einen für die Toleranz. Die Farbwerte können z.B. in (Böhmer, 2004, S. 9) nachgesehen werden.

Beispiel 2.2.2
(Widerstand)

Der Wolfram-Faden einer 40 W Glühlampe für 220 V ist 8,4 cm lang und hat den Nennwiderstand R20 = 78 Ω. Die Kenngrößen von Wolfram sind der Tab. 2.1 zu entnehmen (Hinweis: 0 C = 273,15 K).

  1. Welchen Widerstand hat der Faden bei einer Betriebstemperatur von 2300 C?
  2. Ab welcher Temperatur sieht man den Einfluss des quadratischen Temperaturbeiwertes β20?
  3. Welchen Durchmesser hat der Faden?

Lösung:

Die Lösung wird in der Vorlesung erarbeitet. Ergebnisse für den Vergleich der eigenen Lösung sind:

            ∘                               2
R(T =  2300 C )  =  R20 (1 + α20ΔT  + β20ΔT  )
                 =  78 Ω ⋅ (1 + 4,1 ⋅ 10−3K1 ⋅ 2280 K
                           −6  2          2
                    +1  ⋅ 10  K  ⋅ (2280 K ))
                 =  78 Ω ⋅ (1 + 9,348 + 5,1984)

                 =  1212,62-Ω-
Einfluss von β20 ab ΔT > 400K
      ∘ ----  ∘ ---------
        4A-      ---4l---
d  =     π  =    κ20R20π
      ∘ -----------------------
   =    -------4 ⋅ 0,084-m-----
        18,2 Sm ∕mm2   ⋅ 78Ω ⋅ π
   =  0,008 679 84mm
      ----------------

Beispiel 2.2.3
(E-Norm)

Jeder Widerstand einer E-Reihe hat eine Toleranz, entweder ±2 %, ±5 %, ±10 % oder ±20 %, so dass jede Reihe voll überdeckend ist, d.h. dass jeder gefertigte Widerstand verwendet werden kann und kein Ausschuss durch ungenaue Werte entsteht.

  1. Welche Widerstandswerte sind in den Reihen E6 und E12 vorhanden?
  2. Wie groß muss die Toleranz der Reihen E6 und E12 sein, damit jeder gefertigte Widerstand verwendet werden kann?
  3. Welche Widerstandswerte können zur Realisierung eines Widerstandes R = 2,33 kΩ aus den Reihen E6 oder E12 verwendet werden?

Lösung:

Die Lösung wird in der Vorlesung erarbeitet. Ergebnisse für den Vergleich der eigenen Lösung sind:

  1. E12: 1.0, 1.2, 1.5, 1.8, 2.2, 2.7, 3.3, 3.9, 4.7. 5.6, 6.8, 8.2

    E6: 1.0, 1.5, 2.2, 3.3, 4.7. 6.8

  2. Zur vollständigen Überdeckung hat die E6-Reihe eine Toleranz von ±20% und die E12-Reihe eine von ±10%.
  3. Realisierung R = 2,33 kΩ aus der E12-Reihe der 4. Wert 2,2 kΩ der auch in der E6-Reihe als 2. Wert enthalten ist.

2.2.3 Widerstände als Mess-Sensoren

Heißleiter:

Einige Halbleitermaterialien (z.B. Magnesium und Titanoxid) besitzen einen negativen Temperaturkoeefizienten (NTC-Widerstand, NTC = Negative Temperature Coefficient) bezogen auf den Widerstand R25 bei T = 25 C

            B   B
R =  R25 ⋅ e(T− 298K)
(2.2.10)

mit der Materialkonstanten B zwischen 3000 K und 6000 K.

Ihr Widerstand sinkt bei steigender Temperatur

Kaltleiter:

Analog zu Heißleiter haben Kaltleiter (z.B. Bariumtitanat) einen positivem Temperaturkoeffizienten (PTC-Widerstand, PTC = Positive Temperature Coefficient).

Ihr Widerstand steigt bei steigender Temperatur

Messfühler:

Wegen der exponentiellen Abhängigkeit (größere Widerstandsänderung) werden diese Widerstände als Messfühler für die Temperatur verwendet.

Problem: Nichtlinearitäten

Lösung: Einsatz von Digitalen Signalprozessoren (DSP)

Physik:

Zur Messung weitere physikalischer Größen eignen sich Widerstände mit entsprechenden Abhängigkeiten

Die Änderung einer physikalischen Größe hat so die Änderung einer elektrischen Größe zur Folge!

Die elektrische Größe kann ggf. nach einer Analog-Digital-Umsetzung (ADU) mit DSPs oder µPs (Mikroprozessoren) weiterverarbeitet werden.

2.2.4 Realer Stromkreis

In Abb. 2.2.3 kann die Hin- und Rückleitung zwischen dem Verbraucher und dem Generator zu einem Leitungs-Widerstand zusammen gefasst werden. Damit sind „Striche“ als Leitungen im Weiteren als widerstandslos anzusehen!

Leitungen:

Zwischen den Elementen eines realen Stromkreises müssen reale Leitungen mit einem entsprechenden Drahtwiderstand verwendet werden.

Welchen Einfluss haben reale Leitungen?

Verbraucher:

Wir schließen einen Verbraucher RV an eine Spannungsquelle UG entsprechend Abb. 2.2.3 über eine Hin- und Rückleitung an


PIC

Abbildung 2.2.3: Realer Stromkreis mit realer Hin- und Rückleitung

Strom:

In allen Teilen des Stromkreises ist der Strom gleich groß.

Wir verschieben den Leitungswiderstand RL2 von unten nach oben und fassen den gesamten Leitungswiderstand zu RL zusammen.

Spannungen:

Mit Hilfe des Ohmschen Gesetzes erhalten wir den Spannungsabfall am Verbraucher

UV  = IRV
(2.2.11)

und auf der Leitung

UL  = IRL
(2.2.12)

Ergebnis 1:

Aus Sicht der Quelle ist die Summe der beiden Teilspannungen gleich der Klemmenspannung

UG  = UL +  UV
(2.2.13)

so dass die Quelle nur die Summe der Verbraucher sieht.

Ergebnis 2:

Aus Sicht des Verbrauchers ist die Differenz der beiden Teilspannungen gleich der Verbraucherspannung

UV  = UG  − UL
(2.2.14)

so dass der Verbraucher anstelle der idealen Quelle nun eine reale Quelle mit Innenwiderstand sieht.

6Mathematisch: y = f(x) = ax + b

7Zu Ehren von Georg Simon Ohm, 1789 – 1854, stellte 1826 das Ohmsche Gesetz auf

8Für U = R I = const. Rbedeutet I

9Zu Ehren von Werner von Siemens, 1816 – 1892, Gründer der Siemens und Halske A.G. In den USA: MHO, rückwärts lesen!

10Eine solche Indizierung physikalischer Einheiten ist jedoch weder in der DIN- noch in der ISO-Norm vorgesehen.

11International Electrotechnical Commision

12Die Antwort auf die Bitte: Ich hätte gerne einen Widerstand R = 2,33478Ω gibt es in der Übung Beispiel 2.2.3.