2.1 Grundbegriffe

Strom:

Die geordnete Bewegung von Ladungen, besser Ladungsträgern, wird als elektrischer Strom bezeichnet.

Ladungsträger:

Positive oder negative elektrische Ladungen sind an freie oder bewegliche elektrische Ladungsträger gebunden.

Ladungen stehen synonym für Ladungsträger

Leiter:

In einem metallische Leiter können sich negativ geladene Elektronen im Elektronengas frei bewegen (analog zu Molekülen in Gasen). Sie haben eine Masse

             −31
me  = 9,1 ⋅ 10  kg
(2.1.1)

und eine Ladung, die Elementarladung

e = − 1,6 ⋅ 10 −19A s
(2.1.2)

Quelle:

Elektronenleitung entsteht als Folge einer elektrischen Strömung, z.B. als Folge einer Spannungsquelle in einem geschlossenen Stromkreis.

Alternativ:

Neben der Elektronenleitung gibt es noch andere Möglichkeiten des Ladungstransports:

Stromrichtung:

Sie wurde historisch festgelegt von der positiven Klemme (+) der Quelle zur negativen ().

Im Gegensatz dazu verläuft die Richtung der Elektronenströmung: Sie ist entgegengesetzt der „Stromrichtung“. Aus heutiger Sicht ist die Stromrichtung also falsch geraten worden.

Frage:

Wofür ist die richtige Stromrichtung überhaupt wichtig?

Die Antwort sollte sich in den nächsten Vorlesungsstunden finden lassen

2.1.1 Elektrischer Strom

Ladung:

Fließt ein zeitlich konstanter Strom I durch einen Leiter, so transportiert er in der Zeit t die Ladung Q = It.


PIC

Abbildung 2.1.1: Leiterstück als Zylinder mit der Querschnittsfläche A und der Länge l

Strom:

Wird umgekehrt die Ladung Q in der Zeit t durch den einen Leiter transportiert, so kann daraus ein während der Zeit t konstanter Strom

I =  Q-
     t
(2.1.3)

bestimmt werden. Ist der Strom eine Funktion der Zeit, so ergeben sich integrale Zusammenhänge

     ∫t2
Q  =   i(t)dt

     t1
(2.1.4)

Leiter:

Je ein Metallatom des Gitters gibt etwa 1 Elektron in das Elektronengas eines Leiters

In jedem cm3 des Gitters sind rund 1023 Elektronen in ungeordneter Bewegung.

Ladung:

Bei N Elektronen ergibt sich eine Strömung der Ladungsmenge

Q = − N e
(2.1.5)

bei der das einzelne Elektron mit der Geschwindigkeit v die Zeit t braucht, um ein Leiterstück der Länge l zu durchlaufen.

Strom:

Für dieses Leiterstück aus Abb. 2.1.1 ist der Betrag der Stromstärke entsprechend Gln. 2.1.3

      Q-   N-e-   nV-e-
|I| =  t =   t =    t
(2.1.6)

mit der Konzentration der Ladungsträger.

     N
n =  ---
     V
(2.1.7)

Geschwindigkeit:

Setzt man das Volumen V = A l ein wird daraus

I = nAle-
      t
(2.1.8)

und mit der Geschwindigkeit v = l∕t weiter

I = neAv
(2.1.9)

Die Division durch den Querschnitt A liefert die Stromdichte

S =  I-= nev
     A
(2.1.10)

aus der sich die Geschwindigkeit der Elektronen zu

    -S-
v = ne
(2.1.11)

ergibt.

Verständnis:

Muss diese Geschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit sein, da das Licht ja sofort nach dem Einschalten am Schalter an ist? Antwort: Siehe Beispiel 2.1.1 in der Vorlesung

Stromdichte:

Bei gleichmäßiger Verteilung der Stromdichte S über den Querschnitt A einer Leitung ergibt sich der Strom in der Leitung nach Gln. 2.1.10 zu

I = SA
(2.1.12)

Falls die Stromdichte eine Funktion des Ortes ist (z.B. aufgrund von Stromverdrängung bei höheren Frequenzen) berechnet sich der Strom allgemeiner aus den entsprechenden Vektoren zu

    ∫
I =   S⃗d A⃗
    A
(2.1.13)

Der Strom I ist das Integral über dem Skalarprodukt aus der Stromdichte S und der Fläche A, durch den der Strom fließt.

Die Mathematik „spielt“ in der Elektrotechnik eine Hauptrolle!

Schule:

Wiederholung Mathematik: Für 2 parallele Vektoren S||A ergab ist Skalarprodukt1

⃗  ⃗
S ⋅A =  S ⋅ A ⋅ cosφ = SA

Beispiel 2.1.1
(Strom)

Gegeben seien: Stromdichte S = 16 Amm2 (Grenzwert nach VDE2 für bewegliche Leitung mit 1 mm2 Querschnitt), n = 1023cm3 und e = 1,6 1019 A s.

  1. Wie groß ist die Geschwindigkeit der Elektronen?
  2. Warum „sehen“ wir, dass das Licht sofort angeht, wenn es am Schalter eingeschaltet wird?

Lösung:

Die Lösung wird in der Vorlesung erarbeitet. Ergebnisse für den Vergleich der eigenen Lösung sind:

v = -S- = 1mm  ∕s
    ne    --------

2.1.2 Elektrische Spannung

Kraft:

Zur Bewegung der Elektronen in einem Leiter muss eine Kraft F auf die Ladung Q ausgeübt werden. Setzt man diese beiden in Bezug zueinander, so ergibt sich die Definition der elektrischen Feldstärke zu

⃗E ∼ F⃗   ⇒    E⃗ = -1F⃗
                   Q
(2.1.14)

Diese Gleichung wird auch Formel von Coulomb3 genannt.

Bedeutung:

Die elektrische Feldstärke ist eine der wichtigsten Größen der Elektrotechnik: Sie hat die Richtung der Kraft F bei positiven Ladungen Q

Bezug:

Die elektrische Feldstärke E in einem Punkt x ist die Ursache der Stromdichte S als Wirkung mit der linearen Beziehung

S⃗∼  ⃗E    ⇒    ⃗S = κ ⃗E
(2.1.15)

Darin ist κ, die spezifische Leitfähigkeit, ein Maß für die Beweglichkeit der Elektronen.

Integral:

Das Linienintegral der Feldstärke E zwischen 2 Punkten ist die elektrische Spannung4

        ∫2
U12 = −    ⃗Ed⃗l = φ1 − φ2
        1
(2.1.16)


PIC

Abbildung 2.1.2: Spannung im elektrischen Potentialfeld

Potential:

Eine Spannung kann als Potentialdifferenz zwischen den beiden Punkten aufgefasst werden. Dabei ist das Potential eines Punktes φ die Spannung zwischen diesem Punkt und einem beliebigen (gleichen) Bezugspunkt (oft als Masse bezeichnet) definiert.

Draht:

Verläuft der Weg in Gln. 2.1.16 speziell entlang eines Drahtes der Länge l mit konstantem Querschnitt, so erhalten wir den Betrag der Spannung zu

U12 = El
(2.1.17)

Ersetzen wir mit Gln. 2.1.14 die elektrische Feldstärke durch die Kraft, die auf Ladungen ausgeübt wird, so wird daraus

      F l
U12 = ---
       Q
(2.1.18)

Arbeit:

Das Produkt W = Fl, also die Kraft entlang des Weges, ist die mechanische Arbeit, die nötig ist, um die Ladung Q vom Potential 1 zum Potential 2 zu bewegen. Wir erhalten damit allgemein die Spannung zu

                    -1
U ∼  W    ⇒    U  = Q W
(2.1.19)

Leistung:

Die Ursache eines elektrischen Stromes ist die Arbeit, die auch als Leistung mal Zeit (W = P t) ausgedrückt werden kann, an der Ladung, die auch als Strom mal Zeit (Q = I t) ausgedrückt werden kann. Daraus wird für die Spannung

U =  W--=  P-t=  P-
     Q     It    I
(2.1.20)

Die Spannung U zwischen 2 Punkten eines stromführenden Leiters ist der Quotient aus der in diesem Leiterteil umgesetzten Leistung und dem durch den Leiter fließenden Strom.

Einheit:

Die Einheit der Spannung ist das Volt5

       [P ]   W
[U ] = --- = ---=  V
       [I]   A
(2.1.21)

Richtung:

Die Richtung der Spannung entspricht der Bewegung einer positiven Probeladung.

In Schaltbildern geht der Zählpfeil vom Plus- zum Minuspol der Quelle. Der Strom in einem geschlossenen Stromkreis fließt damit außerhalb der Spannungsquelle vom Plus- zum Minuspol.

Normen:

Die Werte von Spannungsquellen werden in Spannungsreihen genormt

Warum:

Für Gleichspannungen DC 60 V und Wechselspanungen AC 25 V werden keine Schutzmaßnahmen benötigt. Warum?

Die Antwort findet sich in GdE 2 im Kapitel Schutzmaßnahmen  weil der Körperstrom bei f = 50 Hz-Wechselspannung kleiner als 25 mA ist:

      UK     25V
IK =  ----=  -----= 25 mA
      RK     1kΩ

Eine Lebensgefahr mit Herzkammerflimmern tritt bei größeren Wechselströmen ein.

Die Gefährdung nimmt mit steigender Freqenz der Wechselströme (über f = 300 kHz deutlich) ab.

1S A = 0 für φ = 90 und S A = S A für φ = 0, wegen φ(90) = 0 und φ(0) = 1. φ ist der Drehwindel von S nach A.

2Der VDE (Verband der Elektrotechnik, http://www.vde.com) engagiert sich für ein besseres Innovationsklima, Sicherheitsstandards, für eine moderne Ingenieurausbildung und eine hohe Technikakzeptanz in der Bevölkerung.

3Zu Ehren von Charles Augustine de Coulomb, 1736 – 1806, Entdeckte das Coulomb’sche Gesetz von der Anziehung zweier Ladungen

4Das Minuszeichen steht hier aus mathematischen Gründen, da 12Edl = f(2) f(1) ist und mit f(x) = φ(x) kann das Minuszeichen eingeführt werden.

5Zu Ehren von Alessandro Volta, 1745 – 1827, Entwickelte die Theorie vom elektrischen Strom