3.2 Kirchhoffsche Gleichungen

Aufgabe:

Gegeben sei ein Netz aus Abb. 3.2.1 mit zwei Spannungsquellen. Der Strom I3 durch den Widerstand R3 soll analytisch bestimmt werden!

Reichen die bekannten Methoden aus? Ja!


PIC

Abbildung 3.2.1: T-Netzwerk mit zwei Spannungsquellen

Lösung:

Anwendung des Ohmschen Gesetzes und der Kirchhoffschen Gleichungen zur Bestimmung der 6 Unbekannten:

Aufgabe:

Für die 6 Unbekannten werden 6 unabhängige Gleichungen benötigt. Wie findet man sie?

Netzwerk:

Ein elektrisches Netzwerk besteht aus z Zweigen, die an den k Knoten miteinander verbunden sind und somit m Maschen bilden. In Abb. 3.2.2 sind für die Schaltung aus Abb. 3.2.1 Zweige, Knoten und Maschen gezeichnet.


PIC

Abbildung 3.2.2: Darstellung von Zweigen, Knoten und Maschen

Frage 1:

Wie viele Zweige, Knoten und Maschen enthält die Beispielschaltung aus Abb. 3.2.1 ?

Damit ergeben sich 2 Knotengleichungen, 3 Maschengleichungen und 3 Gleichungen aus dem Ohmschen Gesetz, also 8 Gleichungen für 6 Unbekannte.

Frage 2:

Welche der 8 Gleichungen sind linear unabhängig?

Frage 3:

Wie findet man alle linear unabhängigen Maschengleichungen?

In dem einfachen Beispiel kann eine beliebige der 3 Maschen weggelassen werden.

Praxis:

Eine praktische Methode zur Auswahl unabhängiger Maschen ist:

Nach Auswahl einer Masche trennt man diese Masche in einem beliebigen Zweig auf. Weitere Maschen dürfen keine aufgetrennten Zweige enthalten. Es werden so viele Maschen gebildet wie möglich sind.

3.2.1 Beispiel zu den Kirchhoffschen Gleichungen

Ohmsches Gesetz:

3 Gleichungen

Ui = RiIRi     ,i = 1,3
(3.2.2)

Maschenregel:

2 Gleichungen

− Uq1 + U1 + U3 = 0

− Uq2 + U2 + U3 = 0                          (3.2.3)
Knotenregel:

1 Gleichung

IR1 + IR2 − IR3 = 0
(3.2.4)

Mathematik:

Zur Berechnung der Zweigströme erhält man ausgehend von den Maschengleichungen

U1      +   U3  =   Uq1
    U2  +   U3  =   Uq2
(3.2.5)

Mit dem Ohmschen Gesetz folgt

IR1R1          +   IR3R3  =   Uq1
       IR2R2   +   IR3R3  =   Uq2
(3.2.6)

Mit der Knotengleichung kann der Strom I3 eliminiert werden

IR1R1          +   (IR1 + IR2) R3   =   Uq1
        IR2R2  +   (IR1 + IR2) R3   =   Uq2
(3.2.7)

Ordnet man diese Gleichungen nach den beiden Unbekannten, so ergibt sich folgendes Gleichungssystem

(R1  + R3)  IR1  +      R3      IR2  =   Uq1
   R       I    +   (R  + R  ) I    =   U
     3      R1        2     3   R2        q2
(3.2.8)

oder in Matrizenschreibweise

[                    ] [      ]   [     ]
  R1 + R3     R3      ⋅   IR1  =    Uq1
     R3     R2 + R3       IR2       Uq2
(3.2.9)

Ergebnis:

Die Untersuchung eines linearen Netzes führt zu einem linearen Gleichungssystem für die Unbekannten (Ströme), das nun nur noch aufgelöst werden muss.

Anwenden mathematischer Methoden, heute mit Taschenrechner direkt lösbar.

Matrizen:

Für alle, die noch keine Matrizenrechnung kennen kommt hier die minimal notwendige Mathematik. Die Schreibweise mit der 3×3-Matrix1

⌊                  ⌋  ⌊     ⌋   ⌊    ⌋
|  R1A  R1B   R1C  |  | IA  |   | U1 |
⌈  R2A  R2B   R2C  ⌉ ⋅⌈ IB  ⌉ = ⌈ U2 ⌉
   R3A  R3B   R3C       IC        U3
(3.2.10)

ist nur eine verkürtzte Schreibweise für das Gleichungssystem mit den drei Gleichungen

R1A ⋅ IA + R1B ⋅ IB + R1C ⋅ IC =  U1               (3.2.11)
R2A ⋅ IA + R2B ⋅ IB + R2C ⋅ IC =  U2               (3.2.12)

R3A ⋅ IA + R3B ⋅ IB + R3C ⋅ IC =  U3               (3.2.13)
in der beispielhaft die Elemente Rij der Matrix mit den Komponenten Ij des Ergebnisvektors multipliziert werden.
Rang:

Das lineare Gleichungssystem

R-⋅ I-= U
(3.2.14)

ist genau dann eindeutig lösbar, wenn der Rang der Matrix R gleich der Anzahl der Zeilen der Matrix ist. Dann ist aber auch die Determinate der Matrix ungleich Null.

Alle Gleichungen sind linear unabhängig!

Determinaten:

Die Determinante einer 3 × 3-Koeffizientenmatrix R berechnet sich aus dem Produkt der Hauptdiagonalen minus dem Produkt der Nebendiagonalen zu

              ||                 ||
              ||R1A   R1B   R1C  ||R1A   R1B
D  = |R|  =   ||R2A   R2B   R2C  ||R2A   R2B
              |R3A   R3B   R3C  |R3A   R3B
          =   R  R   R    + R   R   R   + R   R   R   −
               1A  2B  3C     1B   2C  3A     1C  2A  3B
              R3AR2BR1C   − R3BR2C  R1A − R3C R2AR1B
                                                             (3.2.15)
Gauß:

Für die Lösung des linearen Gleichungssystems 3.2.8 mit dem gaußschen Eliminationsverfahren wird die Koeffizientenmatrix in Dreiecksform gebrach.

Wir multiplizieren daher die 1. Zeile mit (R2 + R3) und die 2. Zeile mit R3

(R1 +  R3)(R2 + R3 )  IR1  +  R3 (R2 + R3 )  IR2  =  (R2 +  R3)Uq1
       R R           I    +  R  (R  + R  )  I    =      R  U
        3  3          R1       3   2    3    R2           3 q2
(3.2.16)

Wenn wir nun die 2. Zeile von der 1. subtrahieren

(R1R2  + R1R3  + R2R3 )IR1 = (R2 + R3 )Uq1 − R3Uq2
(3.2.17)

1. Strom:

erhalten wir nun den 1. Teilstrom zu

I   =  (R2-+-R3∑-)Uq1-−-R3Uq2--
 R1             RiRj
(3.2.18)

Für die Berechnung des 2. Teilstromes multiplizieren wir nun die 1. Zeile mit R3 und die 2. Zeile mit (R1 + R3)

R3(R1 + R3 )  IR1  +         R3R3           IR2  =      R3Uq1
R3(R1 + R3 )  IR   +  (R2 +  R3)(R1 + R3 )  IR   =  (R1 +  R3)Uq2
                1                             2
(3.2.19)

Wenn wir nun die 1. Zeile von der 2. subtrahieren

(R1R2  + R1R3  + R2R3 )IR2 = (R1 + R3 )Uq2 − R3Uq1
(3.2.20)

2. Strom:

erhalten wir den 2. Teilstrom zu

       (R1 + R3 )Uq2 − R3Uq1
IR2 =  -------∑-R--R---------
                  i j
(3.2.21)

Der gesuchte Strom IR3 ist dann die Summe dieser beiden Ströme

                  Uq1R2  + Uq2R1
IR3 = IR1 + IR2 = ----∑----------
                  ------RiRj-----
(3.2.22)

3.2.2 Bewertung der Kirchhoffschen Gleichungen

Bewertung:

Anwenden der Kirchhoffschen Gleichungen

1Die Buchstaben A, B, C dienen nur der besseren Unterscheidung der Spalten von den Zeilen mit den Ziffern 1, 2 und 3.