Anstelle der Darstellung von Wechselgrößen im Zeitbereich kann ein Zeigerdiagramm verwendet werden.
→ Der Scheitelwert î der Wechselgröße in Abb. 4.3.1 entspricht der Länge des Zeigers i, der mit der Winkelgeschwindigkeit ω mathematisch positiv (also entgegen dem Uhrzeiger) dreht.
→ Bezugsachse: Willkürlich die Waagerechte.
Anstelle der Zeit t wird bei Sinusschwingungen im allgemeinen der proportionale Drehwinkel φ = ωt verwendet. Für die Kreisfrequenz ω einer Sinusschwingung gilt dann
| (4.3.1) |
mit der Einheit [ω] = s−1. Sie wird NICHT in Hertz angegeben!
Mit der Kreisfrequenz ω wird die Periodendauer einer Sinusschwingung dann analog
| (4.3.2) |
Der arithmetische Mittelwert einer Wechselgröße muss definitionsgemäß Null sein. Für t0 = 0 folgt mit Gln. 4.2.3 für den Mittelwert (mit ωT = 2π)
Werden Sinusgrößen nicht als Funktion der Zeit t sondern als Funktion des Drehwinkels φ dargestellt
| (4.3.4) |
muss bei der Integration dann anstelle nach der Zeit dt nach dem Winkel dφ = d(ωt) integriert werden. Mit
| (4.3.5) |
und den entsprechenden Anfangs- und Endwerten
Mit dieser Substitution kann alternativ
| (4.3.7) |
berechnet werden, was aber zum selben Ergebnis führt4.
Ein sinusförmiger Strom entsprechend Abb. 4.3.2 kann beschrieben werden mit
| (4.3.8) |
und eine Spannung entsprechend mit
| (4.3.9) |
In Gln. 4.3.8 ist φi der Nullphasenwinkel des Stromes i(t = 0) bezogen auf die y-Achse. Positive Winkel verschieben die Kurve nach links (in die Vergangenheit) und negative nach rechts.
→ φi = −60∘ ist in Abb. 4.3.2 negativ, da der Nullpunkt des Stromes entgegen der eingezeichneten Zähl-Pfeilrichtung von der Bezugsachse verschoben ist. Tatsächlich wurde für Abb. 4.3.2 auch die Funktion i = 2A ⋅ sin(t − π∕3) verwendet.
→ φu = −180∘ ist in Abb. 4.3.2 negativ, da der Nullpunkt der Spannung entgegen der Pfeilrichtung von der Bezugsachse verschoben ist. Auch hier wurde für Abb. 4.3.2 die Funktion u = 2V ⋅ sin(t − π) mit negativen Phasenwinkel verwendet.
Das Vorzeichen der Phasenverschiebung φ der Spannung gegen den Strom (Bezug Strom)
| (4.3.10) |
ist ebenfalls negativ, da man den Nullpunkt des Stromes nach rechts (entgegen dem Zählpfeil, also negativ) verschieben müsste, um zum Nulldurchgang der Spannung zu kommen.
→ Der Strom eilt der Spannung voraus, d.h. der Nulldurchgang des Stromes in Abb. 4.3.2 ist (zeitlich) vor dem der Spannung.
Da der arithmetische Mittelwert (Gleichwert) einer Wechselgröße definitionsgemäß Null ist, bildet man den arithmetischen Mittelwert aus dem Betrag der Wechselgröße5 entsprechend Abb. 4.3.3
| (4.3.11) |
Mit Gln. 4.3.11 berechnet sich der Gleichrichtwert einer Sinusschwingung i = î sin ωt als Funktion von (ωt) zu
| (4.3.12) |
Da nach der Gleichrichtung eine pulsierende Gleichspannung mit Periode π entsteht, vereinfacht sich die Berechnung mit |i(ωt)| = i(ωt) zu
| (4.3.13) |
Einsetzen der Grenzen ergibt
| (4.3.14) |
Der Gleichrichtwert eines Sinusstromes ist dann
| (4.3.15) |
Bei Wechselgrößen kann die Betragsbildung mit einer Vollweg-Gleichrichterbrücke (Zweiwegegleichrichtung) erreicht werden.
→ Die negative Halbwelle einer Sinusgröße wird ins Positive geklappt.
→ Der arithmetische Mittelwert der gleichgerichteten Wechselgröße wird als Gleichrichtwert bezeichnet.
→ Die gelieferte elektrische Ladung einer Gleichrichterschaltung ist bei elektrolytischen Vorgängen oder beim Aufladen von Akkumulatoren von besonderer Bedeutung.
Einem ohmschen Widerstand R, der an der Gleichspannung U angeschlossen ist, wird während der Zeit T die Energie
| (4.3.16) |
zugeführt. Welche Energie wird dem Widerstand in der gleichen Zeit an der Wechselspannung u zugeführt? Entspricht |i| = U?
Bei der Umrechnung von Wechselgrößen in Gleichgrößen soll die mit der Leistung P oder der Energie W = PT verbundenen Kenngröße zu einer äquivalenten Leistungsberechnung führen. Für den ohmschen Widerstand bedeutet dieses
| (4.3.17) |
Der Effektivwert I = ieff eines Wechselstromes kann demnach aus Gln. 4.3.17 so definiert werden, dass er einem Widerstand R in der Zeit T die gleiche Energie W zuführt wie ein Gleichstrom I mit
| (4.3.18) |
| (4.3.19) |
wechselt periodisch zwischen Null und einem Maximalwert p.
| (4.3.20) |
und der Periodendauer T , wie direkt aus Gln. 4.3.17 ersichtlich ist.
Mit Gln. 4.3.18 berechnet sich der Effektivwert einer Sinusschwingung
| (4.3.21) |
Für die quadratische Funktion (siehe Abb. 4.3.4)
| (4.3.22) |
wird der quadratische Mittelwert zu
Da der Mittelwert der Wechselgröße cos 2ωt definitionsgemäß Null ist, bleibt nur das erste Integral über mit dem Ergebnis der Integration
| (4.3.24) |
Mit der Wurzel ergibt sich direkt der Effektivwert einer Sinusgröße zu
| (4.3.25) |
Das Verhältnis des Scheitelwertes zum Effektivwert einer Wechselgröße mit beliebiger Kurvenform
| (4.3.26) |
Speziell für einen Sinusstrom ergibt sich damit
| (4.3.27) |
Zahlenwerte für Scheitelfaktoren einfacher Kurvenformen sind
Kurvenform | k S |
Gleichgröße | 1 |
Symmetrische Rechteckgröße | 1 |
Sinusförmiger Größe | 1,414 |
Symmetrisches Dreieckgröße | 1,732 |
Das Verhältnis des Effektivwertes zum Gleichrichtwert einer Wechselgröße mit beliebiger Kurvenform
| (4.3.28) |
wird als Formfaktor bezeichnet. Speziell für einen Sinusstrom ergibt sich damit
| (4.3.29) |
Zahlenwerte für Formfaktoren einfacher Kurvenformen sind
Kurvenform | k F |
Gleichgröße | 1 |
Symmetrische Rechteckgröße | 1 |
Sinusförmiger Größe | 1,111 |
Symmetrisches Dreieckgröße | 1,155 |
Gegeben seien ein symmetrischer Dreieckstrom und ein symmetrischer Rechteckstrom mit der Periodendauer T = 2 s und dem Scheitelwert î = 2 A.
Für alle, die in der Mathematik noch keine Integralrechnung hatten, hier die notwendigen Integrale und deren Stammfunktionen:
in den Grenzen von t = u bis t = o:
in den Grenzen von t = u bis t = o:
in den Grenzen von t = u bis t = o:
in den Grenzen von t = u bis t = o:
Die Lösung wird in der Vorlesung erarbeitet. Ergebnisse für den Vergleich der eigenen Lösung sind:
und Gleichrichtwert Dreieckstrom
und Effektivwert Dreieckstrom
und Scheitelfaktor Dreieckstrom
und Formfaktor Dreieckstrom